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Berliner Biographie: Angelika Schrobsdorffs weiter Weg von Berlin nach Berlin

Vor 80 Jahren musste die deutsch-jüdische Schriftstellerin Angelika Schrobsdorff als damals 11jährige ihre Heimatstadt Berlin verlassen. Von Berlin zurück nach Berlin war es ein weiter Weg für Angelika Schrobsdorff. Gerade erschienen ist die Taschenbuchausgabe der ersten Biografie über Angelika Schrobsdorff "Leben ohne Heimat", herausgegeben von Rengha Rodewill. Der Zeitpunkt unmittelbar nach dem 9. November 2019 ist gut gewählt.

In mahnender Erinnerung an die November-Pogrome des NS-Regimes gegen jüdische Menschen in Deutschland im Jahr 1938 ist der 9. November in Deutschland ein Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus und ihrer Angehörigen.

Nach kurzer behüteter Kindheit im großbürgerlichen Berliner Grunewald bestimmten in den 1930er und 40er Jahren Flucht und Vertreibung das Leben von Angelika Schrobsdorff. Ihr weiterer Lebensweg vom bulgarischen Exil aus war von der Fluchterfahrung, dem Verlust Familienangehöriger im Holocaust und der lebenslangen Suche nach ideeller und realer Heimat geprägt. Nach Kriegsende lebte die Schriftstellerin - dann pendelnd zwischen Deutschland, Israel und Frankreich - ein rastloses "Leben ohne Heimat". Die gleichnamige Text- und Bildbiographie, herausgegeben von Rengha Rodewill, fasst dies bereits im Titel zusammen. Zur Heimat wurde für Schrobsdorff, die mit zahlreichen autobiographisch geprägten Romanen, und besonders mit dem Buch über das Leben ihrer jüdischen Mutter Else (verfilmt mit Katja Riemann) bekannt geworden ist, stattdessen das Schreiben. Das Schreiben in deutscher Sprache. Schreibend fand sie einen - erfolgreichen - Weg der Verarbeitung. Dieser war durch wechselnde Länder und Orte geprägt. Ganz besonders durch Israel, wo sie lange Zeit lebte und wo sich zeitweise wie auch im Schreiben eine Art Heimaterfahrung manifestierte. Erst für die letzten Lebensjahre wagte Angelika Schrobsdorff eine Rückkehr in ihre Heimatstadt Berlin, wo sie 2016 88jährig starb.

Schrobsdorff selbst hat die Geschichte ihrer zerrissenen Familie, das Schwanken zwischen Ländern und Sprachen in ihren Büchern immer wieder autobiografisch dargestellt, wobei die Sprache und damit folgerichtig das Schreiben die einzige Konstante im bewegten Leben von Angelika Schrobsdorff zu sein scheint.

Die Fotografin Rengha Rodewill ist bereits zu Schrobsdorffs Lebzeiten der Schriftstellerin mit der Kamera sehr nahe gekommen und ihren Spuren durch Europa gefolgt. Mit bisher nicht veröffentlichten Briefen und Fotos schlägt Rodewill den langen Bogen von Berlin zurück nach Berlin, wo sich der Lebensweg Angelika Schrobsdorffs schloss.

Die sensible und empathische Vernetzung von Zitaten aus Schrobsdorffs Romanen mit den Fotos Rodewills und Aufnahmen aus dem Privatarchiv Angelika Schrobsdorffs zusammen mit bis dato unveröffentlichten persönlichen Schriften verdichtet in bio- und fotographischen Lebensaufnahmen das Porträt einer komplexen Schriftstellerpersönlichkeit. Genau das animiert dann dazu, in den Büchern der Autorin selbst (noch) einmal nachzulesen. Von besonderer Aktualität ist der Band jedoch auch, weil nachvollziehbar wird, wie Flucht und Entwurzelung einen Lebensweg nachhaltig prägen und lenken können: "Es gab keine Beständigkeit, keine Zukunft, keine Stabilisierung von Beziehungen und Gefühlen. Jeder Anfang trug bereits den Keim des Endes in sich.", A. Schrobsdorff


Foto: https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:Angelika-Schrobsdorff_Berlin2014.jpg


https://www.randomhouse.de/Taschenbuch/Angelika-Schrobsdorff/Rengha-Rodewill/btb-Taschenbuch/e544569.rhd


Redaktioneller Bericht ohne Auftrag / keine bezahlte Werbung

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