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Goethes Delight - Weimar kompakt in 48 Stunden

Aktualisiert: 14. Juli 2020


Als Goethe 1775 nach Weimar kam, war die Residenzstadt keineswegs ein repräsentativer Ort. Armut, Seuchen, keine funktionierende Infrastruktur, Nachttöpfe wurden aus dem Fenster ausgegossen. Die verwitwete Herzogin Anna Amalia war kulturinteressiert, förderte die Künste. Sie berief den jungen, bereits erfolgreichen (Werther) großbürgerlichen Frankfurter Anwalt und Schriftsteller auf Jobsuche Johann Wolfgang Goethe an den Hof. Der Start für Weimars unglaubliche Karriere zur heutigen Kulturstadt Europas und UNESCO Welterbeort.


Wer sich 48 Stunden an Schillers und Goethes Fersen heftet, findet auf dem Weg von der Klassik in die Moderne rechts und links der Innenstadt eine Menge Hinweise auch auf andere Künstler. Weimars Vielfalt überrascht Besucher immer wieder auf's Neue. In keiner anderen deutschen Stadt vergleichbarer Größe hat sich so viel deutsche und europäische Kulturgeschichte abgespielt. Diese ist im Stadtbild überall gegenwärtig und lässt sich in der überschaubaren Altstadt ohne Autoverkehr wunderbar erlaufen.



Zuhause bei Goethe

Das Haus am Frauenplan - das

heutige Goethe-Nationalmuseum - bewohnte Goethe über 40 Jahre. Der Weg durch seine vielen, heute niedrig und klein anmutenden, Wohnräume ermöglicht den Blick in das Alltagsleben eines höher gestellten Hofbeamten, der neben einem teuren Streicherflügel auch ein Reisebesteck im Kästchen, einen Hausgarten mit Nutz- und zierlichen Zierpflanzen sowie erstaunliche Sammlungen von Majolikatellern, Mineralien, antiken Skulpturen und Büchern besaß.



Weimar klassisch

Die Klassik Stiftung Weimar betreut ein Ensemble von etwa 27 historischen Wohnhäusern, Schlössern, Museen und Parkanlagen in und um Weimar sowie mit der Herzogin Anna Amalia Bibliothek und dem Goethe- und Schiller-Archiv auch bedeutende Forschungseinrichtungen. Darunter befinden sich neben dem historischen Bauhaus Campus u.a. auch das erst 2019 eröffnete Bauhaus- Museum, das Liszt-Haus, Schiller-Haus, Goethes Wohn- und Sommerhaus, Parks und Schlösser, wie z.B. das wunderschöne Belvedere, das wenige Kilometer außerhalb der Stadt liegt.


Anna Amalia

Zu verdanken ist das nicht zuletzt Anna Amalia. Im Stadtbild ist die Erinnerung an die Herzogin Anna Amalia überall präsent. Die Mutter des Erbprinzen Carl August hatte ein gutes Händchen für die Kultur. Sie holte Goethe als Erzieher ihres 18jährigen Sohnes an ihren Hof - für

alle drei Beteiligten eine Win-Win-Win-Situation. Goethe und der Herzog blieben lebenslang Freunde, zu beiderseitigem Vorteil. Anna Amalia ging mit 36 Jahren in „Rente“ und widmete sich fortan hauptsächlich der Kunst. Ihr gelang es, neben Goethe, auch andere herausragende Persönlichkeiten des Geisteslebens wie Wieland, Schiller und Herder nach Weimar zu holen und sie machte die Stadt zu einem geistigen Zentrum in deutscher Sprache. Im Goethe- und Schiller-Archiv und der Herzogin Anna Amalia Bibliothek sind Handschriften und Bücher Zeugnisse des klassischen Weimar der Literatur.



Im Park

Doch auch Ungewöhnliches hält Weimar abseits der Klassikdenkmäler und Erinnerungsorte für Entdecker bereit. Unweit des Liszt-Hauses findet sich im Park an der Ilm ein Sowjetischer Ehrenfriedhof mit einem eindrucksvollem Schmiedetor, das Hammer und Sichel und den roten Stern zeigt. Der Friedhof wurde im Sommer 1945 für Soldaten der Roten Armee angelegt. Hier wurden insgesamt 649 im Krieg getötete bzw. an Kriegsfolgen verstorbene Angehörige der Roten Armee bestattet.


Neugierig machen die Überreste des zerstörten Tempelherrenhauses im Park an der Ilm, das dem Hof zur Goethezeit eine Art Gartensalon, ein Ort des Vergnügens, der Musik - Liszt und Busoni nutzten es als Konzertsälchen - und von Sommerparties war. Was mag da für ein reger Kutschenverkehr zwischen Stadt und Park geherrscht haben, wie viele Fackeln mögen den Gästen den Weg in den Park erhellt haben?



Goethe selbst hat das Lebensgefühl in der kleinen herzoglichen Residenzstadt in ein Gedicht gefasst:


Die Lustigen von Weimar

Donnerstag nach Belvedere, Freitag gehts nach Jena fort; Denn das ist, bei meiner Ehre, Doch ein allerliebster Ort! Samstag ists, worauf wir zielen, Sonntag rutscht man auf das Land; Zwätzen, Burgau, Schneidemühlen Sind uns alle wohlbekannt.


Montag reizet uns die Bühne; Dienstag schleicht dann auch vorbei, Doch er bringt zu stiller Sühne Ein Rapuschchen frank und frei. Mittwoch fehlt es nicht an Rührung, Denn es gibt ein gutes Stück; Donnerstag lenkt die Verführung Uns nach Belveder' zurück.


Und es schlingt ununterbrochen Immer sich der Freudenkreis Durch die zweiundfunfzig Wochen, Wenn mans recht zu führen weiß.

Spiel und Tanz, Gespräch, Theater, Sie erfrischen unser Blut; Laßt den Wienern ihren Prater; Weimar, Jena, da ists gut!


Und möglicherweise wurden ja sogar bereits zur Goethezeit in Weimar „Corona-Parties“ gefeiert. Corona Schröter war eine gefeierte, in Goethes Umfeld gern gesehene, im Gegensatz zu vielen Laiendarstellen aus dem Hofumfeld, eine ausgebildete

Opernsängerin, die am Nationaltheater sehr verehrt wurde und von Goethe selbst aus Leipzig nach Weimar engagiert worden war. Im Park an der Ilm ist sogar ein Spazierweg nach ihr benannt.


Das Bauhaus

Ein weiteres großes Pfund für den Reiz Weimars sind Bauhaus-Vergangenheit und - Gegenwart. Die von Walter Gropius 1919 in Weimar gegründete Kunstschule Bauhaus entstand durch die Vereinigung der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule Weimar mit der 1907 von Henry van de Velde gegründeten Großherzoglich-Sächsischen Kunstgewerbeschule Weimar. Sie wurde zum direkten Vorläufer des Bauhauses, das dann in van de Veldes Schulgebäuden seine Arbeit aufnahm. Heute befindet sich dort die Bauhaus-Universität Weimar.


In 2019 wurde in Weimar das neue Bauhaus-Museum eröffnet. Der funktionale Kubus-Bau mit monolythischer Fassade von Prof. Heike Hanada entstand zum 100-jährigen Jubiläums des 1919 in Weimar gegründeten Staatlichen Bauhauses und präsentiert Schätze der weltweit ältesten Bauhaus-Sammlung.

Der Museumsbau steht in scharfem Kontrast zur restaurierten Altstadt. Sein dreistöckiger Ausstellungstrakt birgt erstaunliche kaskadenartige Treppenlandschaften und eine überwältigende Sammlung von Bauhaus-Kunst und Dokumentationsmaterial. Angefangen von Gropius‘ schreibmaschinengetippter Übernahme-Erklärung von 1919 über Studentenausweise, Zeichnungen von Itten und Kandinsky, einer Abteilung mit den Alltagsgegenständen und - Möbeln des Bauhauses bis zu Holzpuppen des Figurenthe aters.

Die App Bauhaus+ ist ein multimedialer Begleiter durch das Bauhaus-Museum und weitere Museen in der Stadt. Download über den Playstore (android) oder den App Store (ios).


Ganz bewusst liegt der Bau am neu geschaffenen Stéphane-Hessel-Platz. Gewidmet ist der Platz dem 2013 gestorbenen Buchenwald-Überlebenden und überzeugten Europäer, dem Schriftsteller und Diplomaten Stéphane Hessel. Die Gedenkstätte des ehemaligen nationalsozialistischen Konzentrationslagers Buchenwald liegt nur 10 Kilometer von Weimar entfernt.



Wer jetzt zu Corona-Zeiten nach Weimar kommt findet durchdachte Hygienekonzepte und gut geschulte Mitarbeiterinnen in den Kultureinrichtungen vor. Überhaupt herrscht große Freundlichkeit und eine gelassene Stimmung in der Stadt, in der unter den rund 65.000 Einwohnern auch 5.000 Studierende aus vielen Ländern sind. 4.000 von ihnen studieren an der heutigen Bauhaus-Universität, 1.000 an der Hochschule für Musik Franz Liszt, die in diesem Jahr 148 Jahre ihres Bestehens feiert.



Absolut anzuraten ist eine 90minütige Stadtführung. Die Weimarer StadtführerInnen lieben ihre Stadt und verraten jede Menge Historien-Tratsch und Anekdoten. So saß Johann Sebastian Bach dort vier Wochen im Gefängnis, weil er sich nicht nur beim Weimarer Fürsten verdingt hatte, sondern parallel auch am Hof in Koethen. Auch zum Neubau des historischen Gasthauses und Hotel Elephant, dessen Ursprungsbau in der Nazi-Zeit abgerissen und neu gebaut wurde, gibt es dabei Informationen. So wurde der extra für Hitler eingebaute Balkon zum Marktplatz hin nach 1945 nicht mehr betreten. Einzige Ausnahme: einmal im Jahr grüßt von dort beim Zwiebelfest im Oktober die Zwiebelkönigin hinunter.


Weimar - essen und schlafen

Unzählige Restaurants und Cafés säumen die Gassen der Altstadt. Von türkischer Küche über Matjestatar auf Pumpernickel, über die Brotklappe mit Superstullen bis zu Menüs mit Goethes Lieblingsgerichten schmeckt sich der Besucher durch die Stadt. Sehr lecker war das Essen im Restaurant des Grande Albergo Giancarlo.


Angenehm übernachten lässt es sich z.B. im Hotel Amalienhof, direkt um die Ecke vom Goethe-Haus. Oder eben im Hotel Elephant, das seit 2018 zur Autograph Collection gehört. Die Lobby zählt schon fast als zusätzliches Museum, mit Peterburger Hängung gehts quer durch die Epochen. Der Hotel-Garten mit Teich liegt unweit der Musikhochschule, hier wehen Klänge zum Aperitif herüber.



48 Stunden Weimar pur

Mit der weimar card (gilt 48 Stunden, kostet 32,50 Euro) kann man an einer Stadtführung teilnehmen, zahlreiche Museen besuchen und Stadtbus fahren. Es gilt zudem ermäßigter Eintritt für Veranstaltungen im Deutschen Nationaltheater und beim Kunstfest Weimar.


https://www.weimar.de/tourismus/tourist-information-weimar/


https://www.klassik-stiftung.de/


Redaktionelle Berichterstattung ohne Auftrag / keine bezahlte Werbung.


Die Tourist-Information Weimar hat freundlicherweise eine Weimar Card zur Verfügung gestellt, herzlichen Dank!


Fotos: facebook.com/qulturberlin


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