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Berliner Theatergeschichte - vor 100 Jahren: vom Zirkus zum Großen Schauspielhaus 

Am 28. November 1919 eröffnete der Schauspieler, Regisseur und Theater-Unternehmer Max Reinhardt (1873-1943) das Große Schauspielhaus in Berlins Mitte.

Der erste Weltkrieg war kaum vorbei, die junge Demokratie wurde gegen viele Widerstände erkämpft und Unterhaltung wie Theater, Konzert oder erste Kinoprogramme sollten von den verheerenden Folgen des Krieges ablenken.

Max Reinhardt war so besessen wie visionär, sein neues Theater am Schiffbauerdamm hatte riesige Dimensionen, bis zu 5.000 Zuschauer sollte das in einem ehemaligen Zirkus errichtete Haus fassen können. Neu bzw. am antiken Theater orientiert war die rundum einsehbare Spielfläche, die Trennung zwischen Publikum und Szene war fluide.

Zur Eröffnung setzte Reinhardt die „ Orestie“ des Aischylos aufs Programm. Eine wichtige Rolle übertrug er dem Licht, in der ehemaligen Zirkus-Kuppel wurden Glühlämpchen zu Sternbildern angeordnet.

Innenarchitekt des Schauspielhauses war der Architekt Hans Poelzig (1869-1936). Er gestaltet den Riesenraum mit stalaktitenartigen Elementen aus. Rundbogenreihen, die nicht, wie gewöhnlich, auf dem Boden standen, sondern kreisförmig von der Decke und den Wänden hingen. Schnell war der Spitzname "Tropfsteinhöhle" gesetzt.

Reinhardts Erwartungen an Zuschauerströme und die Bespielbarkeit des Raumes scheiterten, ebenso mangelte es an geeigneten Stücken, so dass er nach nur fünf Jahren das Theater an Hans Rosen und den Revueproduzenten Erik Charell übergab. Charell etablierte ein Repertoire aus Operetten und Singspielen und produzierte sehr erfolgreiche Revuen. 1930 wurde das Singspiel "Im weißen Rößl" von Ralph Benatzky uraufgeführt. Im Frühjahr 1928 gründeten Sänger aus dem damals bestehenden Chor des Großen Schauspielhauses die Comedian Harmonists mit.

Mit der Inflation und der Weltwirtschaftskrise verschuldete sich das Unternehmen. Die Nationalsozialisten übernahmen das Theater und enteigneten durch Änderungen der Geschäftsordnung und die Neubesetzung des Aufsichtsrates die Anteilseigner. Auch Max Reinhardt verkaufte über Dritte seine Anteile zu einem Bruchteil des Wertes und emigrierte. Die Nationalsozialisten benannten das Theater 1934 in Theater des Volkes um, ab 1947 trug es den Namen "Friedrichstadtpalast". 1980 musste das Gebäude infolge von Baumängeln nach einer Trockenlegung geschlossen werden. 1988 wurde es abgerissen. Genau gegenüber entstand der "Neue Friedrichstadtpalast", heute ein internationales Revuetheater made in Berlin.

Vom alten Standort zwischen BE und Schiffbauerdamm zeugt heute noch die kleine Staße "Am Zirkus", die am Vorplatz des Berliner Ensembles direkt hinter der Brecht-Skulptur vorbeiführt.


Redaktioneller Beitrag ohne Auftrag / keine bezahlte Werbung

Fotos: Wikimedia Commons

Innenraum mit Kuppel im Bau https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:F_1597.jpg#mw-jump-to-license


Innenraum mit Säulen https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:F_1605.jpg#mw-jump-to-license


Säulen mit Licht https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:F_1617.jpg#mw-jump-to-license


Saal https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:TBS_042_19.jpg#mw-jump-to-license


Max Reinhardt https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:Max_Reinhardt.jpg#mw-jump-to-license


Hans Poelzig https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:Hans_Poelzig,_1927.jpg#mw-jump-to-license

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