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Mal schön im Rahmen bleiben: das Brücke-Museum widmet den Rahmen der Brücke-Bilder eine Ausstellung 

Nach dreimonatiger Schließzeit wegen notwendiger Elektro- und Restaurationsarbeiten öffnete das Brücke-Museum in Dahlem heute mit einer ganz besonderen Ausstellung, die einem wichtigen Teil eines Bildes gewidmet ist: dem Rahmen. Die Ausstellung läuft bis zum 15. März 2020.

„Ungerahmte Bilder gebe ich niemals auf Ausstellungen … wenn ich etwas mache, so recht und gut als irgend möglich, sonst lieber nicht“, schrieb Ernst Ludwig Kirchner 1937 und betonte so, wie zentral für ihn der Rahmen für das Bild war.

Unter dem Motto „Unzertrennlich“ untersucht die Ausstellung erstmals die Rolle und Bedeutung des Rahmens für die Künstler der Brücke. Ernst Ludwig Kirchner, Erich Heckel, Otto Mueller, Emil Nolde, Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff entwarfen eigens Rahmen für ihre Gemälde: Sie nutzten besondere Profile, versahen sie mit geschnitzten Ornamenten, fassten sie und gestalteten sie farblich – immer in kompositorischer Einheit mit den Bildwerken.

Die 1905 in Dresden gegründete Künstlergruppe hatte sich zum Ziel gesetzt, die Kunst zu revolutionieren. Jenseits bürgerlicher Konventionen suchten sie die Trennung zwischen Kunst und Leben aufzuheben. Im Gedanken des Gesamtkunstwerks entwarfen die Künstler Erich Heckel, Ernst Ludwig Kirchner, Otto Mueller, Emil Nolde, Max Pechstein und Karl Schmidt-Rottluff den Rahmen von Beginn an als Teil des Bildes mit. Die Suche nach der bestmöglichen Rahmung geschah stets in Dialog mit dem Bildwerk und dem umgebenden Raum. Die Künstler nutzten besondere Rahmenprofile, versahen sie mit geschnitzten Ornamenten, fassten sie und gestalteten sie farblich – immer in kompositorischer Einheit mit den Bildwerken. „Unzertrennlich“ wird kuratiert von dem Münchner Rahmenexperten Werner Murrer. Ausstellung und Katalog entstehen in Kooperation mit dem Buchheim Museum in Bernried am Starnberger See. Murrer hat sich auf eine detektivische Spurensuche nach Rahmen der Brücke-Künstler begeben. Seine Wunschvorstellung wäre es, „eine neue Perspektive auf die Kunst der Brücke zu ermöglichen“, denn die Bilderrahmen wurden bisher kunsthistorisch noch gar nicht untersucht und auf ihre Bedeutung für die Werke geprüft. In ihrer Abgrenzung zur konservativen Salon-Präsentation orientierten sich die Brücke-Künstler mit ihren Rahmungen zunächst an van Gogh oder Munch. Das Bild und der Rahmen wurden als untrennbare Einheit betrachtet, zusammen waren sie das Kunstwerk. So verfasste Kirchner Skizzen und Handlungsanweisungen für Käufer, wie das Bild zu rahmen sei. Die Rahmen leben vom Material, der Bemalung, Ornamentik, Holzauswahl und Werkzeug und Mittel. So werden rückseitig eingeschlagene Nägel, vorn umgebogen, mit Bronze bemalt selbst zum Ornament. Do it yourself.

Lisa Marei Schmidt, Direktorin des Brücke-Museums, weist auf die einheitliche Rahmensprache der Brücke-Künstlervereinigung hin. Der schlichte zunächst schwarze Bretterrahmen diente als Zeichen der Gruppenidentität. Die frühen Rahmen der Brücke lassen noch deutlich Einflüsse vorangegangener Rahmenkonzepte, wie derer der Impressionisten, erkennen. Der impressionistische weiße Rahmen und andere farbig gestaltete Modelle sollten den Bildfarben zu optimaler Geltung verhelfen. Gleichzeitig bildeten die einzelnen Mitglieder früh individuelle Vorlieben aus und trieben diese auch nach der Auflösung der Gruppe 1913 weiter. Im Rahmen eines Leihgabenaustausches mit den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sind auch fünf Werke aus dem Albertinum in der Ausstellung zu sehen, darunter Karl Schmidt-Rottluffs Gemälde Frauenkopf und Maske (1912): Hier kontrastieren die geometrischen Formen der Gesichter mit einer in den Rahmen geschnitzten weichen Wellenlinie und treten so noch stärker hervor.

Rahmen mit geschnitzten Ornamenten verwendete Schmidt-Rottluff von 1907 bis 1914. Ein weiteres Beispiel hierfür findet sich bei dem Gemälde Häuser bei Nacht (1912), einer Leihgabe aus der Neuen Nationalgalerie in Berlin. Es befindet sich in einem ornamentalen Schmuckrahmen, den Schmidt-Rottluff eigenhändig bemalte.

Ernst Ludwig Kirchner wiederum bemalt einige seiner Gemälderahmen mit barockisierenden Ornamenten. Anschaulich wird dies anhand des Mädchen in Südwester (1912/20), einer Leihgabe aus einer Schweizer Privatsammlung. Der Rahmen ist rundum malerisch mit einem wellenförmigen Ornament versehen, das die Farben des Gemäldes aufgreift.

Am Ende der Ausstellung hängt eine Wand voller leerer Original-Brücke-Rahmen. Ziel ist es, sie mit verschollenen zugehörigen Bildern wieder zusammenzuführen. Auf das Kuratorenteam wartet noch viel Detektivarbeit.

Das „Rahmenprogramm“ zur Ausstellung ist umfangreich und phantasievoll. Ein Kartenspiel für junge Besucher, Rundgänge, After Work Talks und anders als sonst im Museum, gibt es im Foyer ein nachgebautes Rahmenstück zum Anfassen und in die Hand nehmen mit der Aufforderung „Bitte anfassen". So wird fassbar, wie viele Informationen so ein Rahmen birgt. Material, Oberfläche, Bemalung, Steck-Konstruktion, Sägespuren, Auswahl von Kant- und Rundhölzern, Ornamente, Schnitzereien u. ä.. Das ist Kunstgeschichte zum Anfassen, interaktive Kulturvermittlung. Das Museum lebt! Zur Ausstellung entstand ein Katalog. Die Publikation wird gefördert durch die Ernst von Siemens Kunststiftung und die RNK Stiftung. Brücke Museum Bussardsteig 9 14195 Berlin

Mittwoch bis Montag: 11–17 Uhr, Dienstag: geschlossen www.bruecke-museum.de Redaktioneller Beitrag ohne Auftrag / keine bezahlte Werbung Fotos: Qultur Berlin und Pressestelle Brücke- Museum Karl Schmidt-Rottluff, Häuser bei Nacht, 1912, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie Skizzen aus dem Nachlass von Ernst Ludwig Kirchner Karl Schmidt-Rottluff, Mädchen, 1920, Kunstsammlungen Chemnitz Karl Schmidt-Rottluff, Frauenkopf mit Maske, 1912, Öl auf Leinwand, Albertinum | Galerie Neue Meister, Gal.-Nr. 3925 © VG Bild-Kunst, Bonn 2019, Foto: Herbert Boswank Ernst Ludwig Kirchner, Otto Mueller mit Pfeife, 1913, Öl auf Leinwand, Brücke-Museum Foto: Brücke-Museum, Nick Ash Emil Nolde, Mutter und Kind, 1914, Städel Museum, Frankfurt am Main

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