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Klaviermusik mit Aussicht - ein Abend in der Elbphilharmonie Hamburg

Aktualisiert: 27. März 2019


Foto: Thies Rätzke

Knapp 300 Kilometer und mentale Welten liegen zwischen zwei Metropolen, die einander an Weltoffenheit, einem besonderen Lebensgefühl und kulturellen Highlights immer wieder zu übertreffen suchen. Berlin und Hamburg verbindet Vieles, noch hat Berlin bei der Anzahl der Einwohner, beim Grünflächenanteil und der Anzahl der Kultureinrichtungen die Nase vorn. Doch ist die Hanse- und Seefahrerstadt Hamburg seit gut zwei Jahren um einen kulturellen Leuchtturm reicher, dessen Signalwirkung bis nach Berlin und sehr viel weiter reicht.


Foto: Thies Rätzke

Hamburg jüngstes kulturelles Wahrzeichen, die Elbphilharmonie, ragt seit Januar 2017 am höchsten Punkt 110 Meter hoch auf in der HafenCity. In einem ehemaligen Kaffee-, Tee- und Tabakspeicher am Hamburger Hafen lagert seit zwei Jahren ein gewaltiger Ton- und Notenschatz. Wo früher Genusswaren verstaut wurden, wird seither Musikgenuss öffentlich zugänglich gemacht.

Mitten im Strom der Elbe auf rund 1.700 Stahlbetonpfählen entstand ein Gebäudekomplex, der neben drei Konzertsälen ein Hotel, 45 Wohnungen sowie die Plaza, einen frei zugänglichen 5.000 Quadratmeter großer Platz in 37 Metern Höhe mit 360°-Panorama über der Stadt, beheimatet. Das Herzstück der Elbphilharmonie ist zugleich eine der derzeit spannendsten baulichen Herausforderungen Europas: Ein Konzertsaal von Weltklasse auf einer Höhe von 50 Metern mit 2.100 Plätzen, der aus Schallschutzgründen vom restlichen Gebäude entkoppelt ist. Die Elbphilharmonie ist ein Gesamtkunstwerk aus Architektur, Musik und Hafen. Insgesamt 125.512 Quadratmeter beansprucht das Gebäude. 2.200 Glasscheiben lassen die markante obere Außenfassade, die auf ein in den 1960er Jahren erbautes Backsteinlagerhaus aufgesetzt wurde, zu allen Tageszeiten und zu unterschiedlichen Wetterbedingungen jeweils in verschiedenen Nuancen silbrig glänzen.


Foto: Iwan Baan

Hamburg versteht sich als Hanse- und Seefahrerstadt von je her als Tor zur Welt. Die Elbphilharmonie steht wie ein Leuchtturm im Hafenbecken, als ehemaliger Speicher bietet sie heute Musik und Teilhabe für alle. Hamburger Musikgeschichte, geprägt durch Komponisten wie Telemann, Mendelssohn, Brahms, Mahler oder Ligeti u.a. wird hier nun ebenso gespeichert wie Klassische Musik der Welt, Klassik, Jazz, zeitgenössische Musik oder Pop.

Das NDR Elbphilharmonieorchester ist Residenzorchester und Gastgeber für Internationale Orchester, Musikerformationen, Solisten und Dirigenten. Die Plaza im 8. Stockwerk ist jederzeit auch ohne Konzertticket allen Interessierten zugänglich. Eine rundum begehbare Außenterrase bietet weite Blicke in den Hafen, HafenCity und das UNESCO-Weltkulturerbe, die historische Speicherstadt.


Foto: Michael Zapf

Und der Aufstieg in den klaren, fast nüchternen kleineren der beiden Konzertsäle im 10. Stockwerk, unterhalb des großen Saals, lohnt sich. Die Tube, eine rund 80 Meter lange übertunnelte Rolltreppe, führt zunächst hinauf in die Plaza, das ist zugleich eine Zeitreise durch den ehemaligen Speicher auf dem Weg in die glasklare, lichte Höhe der Musikerlebniswelt.


Foto: Michael Zapf

Der kleine Saal der Elbphilharmonie bietet rund 550 Zuschauern Platz. Die Stuhlreihen aus einfachen Einzelstühlen sind nicht fest montiert, so dass der rundum in gefrästes Eichenholz gefasste Raum flexibel bespielbar ist. Ein für die Beleuchtung nutzbarer Galerieumgang umfasst das weiche Rund. Die Stille vor Konzertbeginn ist atemlos, die in die Holzvertäfelung integrierte Klimaanlage sorgt fast lautlos für ein angenehmes Konzertklima mit glasklarem Hörerlebnis.


Am Steinway & Sons - Konzertflügel führte die georgische Pianistin Ekaterine Khvedelidze am 24. März 2019 dort auf eine Zeitreise in die Klaviermusik des 19. Jahrhunderts von Chopin über César Franck bis zu Alexander Skrjabin. Dabei stellte sie sich ganz hinter die Kompositionen, doch mit einer unglaublichen, fast auffordernden Empathie verschwand die Virtuosin nicht hinter den Komponisten, sondern verhalf ihnen zu einer anrührenden Stimme im Heute. So kraftvoll und bestimmt ihr Anschlag, so leuchtete insbesondere der Skrjabin-Zirkel von 24 Preludes. Der russische Komponist war selbst Synesthätiker und ließ zu Lebzeiten ein Lichtklavier konstruieren, um die Farbvorstellungen, die er von seiner Musik hatte, auch sichtbar zu machen, was jedoch nicht gelang. Ekaterine Khvedelidze imaginierte in ihrer elegant fließenden Interpretation Anklänge an das glitzernde Elbewasser und die gläserne Elbphilharmonie-Fassade. Dem multsensitiven Skrjabin hätte das in der Elbphilharmonie sicherlich gut gefallen.



Fotos: Elbphilharmonie Pressestelle / Thies Rätzke, Michale Zapf und Iwan Baan


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