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Operette in Hamburg!  Zwischen Engelsaal, Eppendorf und Reeperbahn

Aktualisiert: 9. Feb. 2020

Unterhaltung mit Musik in Hamburg hat eine lange Tradition. Wer die viel besuchte musikalische Hafenbraut Elphi einmal links liegen lässt, den erwarten in Hamburg auch noch andere Töne. Am Kopf der Reeperbahn, am Spielbudenplatz 1, liegt das Stage Operettenhaus, ein ehemaliger Circus Gymnasticus, 1841 mit 3.000 Sitzplätzen eröffnet, mehrfach umgebaut und 1920 in Operettenhaus Hamburg umbenannt.

Foto: Circus Bach in Wien, Wikimedia Commons

Nach dem Wiener Vorbild des Circus Bach erbaut, wurden dort ab 1841 u.a. Kunstreitvorführungen und Zirkusereignisse und im 20. Jahrhundert musikalische Aufführungen geboten. Seit 2011 bespielt der Unterhaltungskonzern Stage Entertainment das Haus.

Derzeit rockt dort „Tina" (Turner) in einem gleichnamigen Biographical, das 2018 in London uraufgeführt und als deutsche Erstaufführung seit 2019 in Hamburg läuft.

Umgeben von Schmidts Tivoli, dem legendären Schmidt-Theater und dem St. Pauli Theater, steht das Operettenhaus an der Reeperbahn in einem der Hamburger Viertel mit hoher Theaterdichte.

Die Schiller-Oper

Foto: Wikimedia Commons Hinnerk11 • CC BY-SA 3.0

Ebenfalls in Altona erinnert die Ruine einer Stahl- und Wellblechkonstruktion mit theatralischer Geschichte aus dem 19. Jahrhundert an einen weiteren ehemaligen Zirkusbau mit wechselvollster Nutzungsgeschichte: Die Schiller-Oper. Das halb verfallene Gebäude steht seit einigen Jahren unter Denkmalschutz. Seine Zukunft ist unklar. Blickt man zurück, so eröffnet sich ein tragikomisches Panorama, das zwischen Zirkus mit Raubtierenummern, modernem Nachtclub, Luxus-Restaurant, Schauspielhaus, Schmierenbühne, Kriegsgefangenenlager, Opernhaus und Asylantenheim changiert. Ein selbst verfasstes Theaterstück von Goebbels kam hier ebenso zur Aufführung wie Operetten.

Mehr Informationen auf https://www.ndr.de/geschichte/Schiller-Oper-Altona-Hamburg-Zirkus-Busch-Tempel-Versuchung-Eisbaer,schilleroper110.html

Engelsaal

Auf eine rund 200jährige Geschichte zurückblicken kann ein seit 15 Jahren wiedererwecktes Theaterchen am Valentinskamp, am Rande des ehemaligen historischen Gänge-Viertels. 1809 eröffnete das "Theater im Engelsaal", dessen Name sich von den goldenen Engeln an der Balustrade ableitete. Ein früher Vorläufer des Ohnsorg-Theaters, spielte man dort Hamburger Volksstücke und musikalische Possen. 1843 wurde dann aus dem Theater im Engelsaal das Thalia-Theater. Im 20. Jahrhundert diente der Saal anderen Gewerken und wird inzwischen nach einer Sanierung, nun unter Denkmalschutz gestellt, als einziges privates Operettenhaus Deutschlands mit Repertoire-Programm zwischen Schlager, Operette und Musical genutzt.

www.engelsaal.de

Foto: Paul Abraham, Wikimedia Commons

Paul Abraham

Ausgerechnet in Hamburg starb vor 60 Jahren der jüdische Operettenkomponist Paul Abraham (1892-1960) nach einer Flucht-Odyssee, die ihn vom Erfolgs-Olymp in Berlin („Viktoria und ihr Husar“, „Blume von Hawaii“, „Ball im Savoy“) ab 1933 über Österreich, Ungarn, Kuba und Hawaii zunächst in eine New Yorker Nervenheilanstalt katapultierte. Von dort und durch die Intervention von Künstlern und Freunden holte ihn schließlich 1956 die deutsche Regierung zurück nach Deutschland, wo er krank und vergessen 1960 starb. Ein Zynismus der Geschichte ist es, dass er, der Vertriebene, in Hamburg aufgrund seines Leidens in der Psychiatrie des Universitätskrankenhauses Eppendorf ausgerechnet von einem ehemaligen NS-Arzt behandelt wurde.

An seinem letzten Wohnort in Hamburg-Eppendorf in der Klosterallee 80 befindet sich seit 2017 eine Gedenktafel. Paul Abraham wurde auf dem Ohlsdorfer Friedhof beigesetzt.

Foto: Anny Ahlers, Wikimedia Commons

Anny Ahlers - Operettenstar aus Hamburg

Dort liegt auch „ein Teil“ der Hamburger Operettensängerin Anny Ahlers (1907-1933) begraben. Eine steinerne Stele mit Namen und Lebensdaten erinnert an die Sängerin, deren Karriere von Hamburg aus einen kurzen kometenhaften Aufstieg nahm, und die über Wien und Berliner Erfolge nach London gelangte und dort früh verstarb. Sie trat 1930 in Berlin in Paul Abrahams Erfolgsoperette „Viktoria und ihr Husar“ und 1931 als Prinzessin Laya in der Erstaufführung der “Blume von Hawaii“ auf. In Berlin sang sie u. a. an der Seite von Star-Tenor Richard Tauber.

Foto: Anny Ahlers und Richard Tauber, Wikimedia Commons/Bundesarchiv

Anfang der 1930er Jahre drehte Anny Ahlers in Deutschland einige Operettenfilme, in London erhielt sie 1932 ein Engagement in der Operette „Die Dubarry“ und großartige Kritiken, auch für ihren Auftritt in englischer Sprache. Ein adeliger Verehrer beauftragte sogar einen Maler mit einem Porträt von der Sängerin.

Foto: Gemaltes Porträt von Thaler Tamas, Wikimedia Commons

Unter ungeklärten Umständen stürzte die an Tuberkulose leidende Sängerin im März 1933 vom Balkon ihres Apartments. Ihr englischer Geliebter wollte sie auf seinem Landsitz beerdigen, die Mutter wählte Hamburg. Die Hinterbliebenen teilten die sterbliche Überreste aus der Urne und so fand der Hamburger Operettenstar Anny Ahlers in Hamburg und in Sussex seine letzte Ruhe - ein Stoff, der jedem Operettenlibretto würdig wäre.

Foto Paul Abraham: https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:Paul_Abraham.jpg#mw-jump-to-license

Foto Bach Circus: https://commons.m.wikimedia.org/wiki/File:Bachszirkel.JPG#mw-jump-to-license

Fotos Anny Ahlers:

https://commons.m.wikimedia.org/wiki/Category:Anny_Ahlers?uselang=de

Weitere Fotos: facebook.com/qulturberlin

Redaktioneller Beitrag ohne Auftrag / keine bezahlte Werbung.

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